Zu Friedrich Gobbessos Serie AudioVision

In der Serie AudioVision fotografiert Friedrich Gobbesso Sinuswellen von den Bildschirmen alter, zum Teil auf der Straße aufgesammelter Fernseher ab. Dafür werden die Bildröhren der Fernseher – ihrerseits Relikte einer aus heutiger Perspektive fast antik anmutenden Konsumkultur – von Gobbesso gehackt und Audiosignale (Musik) an sie angeschlossen. Je nach Frequenz der eingespielten Signale beschreibt der Kathodenstrahl Schwingungen auf der Mattscheibe.

Ein Farbfernseher mischt sein weißes Licht als Summe aus den Grundfarben der additiven Farbmischung (Rot + Grün + Blau = Weiß). Durch Manipulation des Kathodenstrahls zerlegt Gobbesso das Licht zurück in seine Grundfarben. Die überraschende Farbigkeit der Bilder entsteht mit dem Schraubenzieher am offenen Gerät.

Durch Veränderungen auf der Zeitachse mit teilweise extremen Langzeitbelichtungen werden die abgebildeten Schwingungen in mannigfaltigen Überlagerungen von Gobbesso zu seinen fotografischen Ergebnissen summiert.

Die AudioVision-Fotografien stehen in einer Reihe von Experimenten, mit denen der Künstler die ästhetischen Grundlagen physikalischer Phänomene erforscht und visuell darstellt. Während sich Gobbesso in seinen früheren Arbeiten auf die »natürlich« gegebene Physik wie z. B. Wellenformationen in Wasser (Kaustik, 2008-12) konzentrierte, verlagert er sein Interesse bei AudioVision auf die »künstliche« Physik, derer sich der Mensch in technologischen Apparaturen bedient. Die Fotografien zeugen von den elementaren Funktionsweisen hochkomplexer Technik – und doch ist es bewusst »nur« die Unmittelbarkeit einer Visualisierung von Klang, welche Gobbesso der Apparatur entlockt.

Die visuell und farblich eindrucksvollen, in ihrem Ausdruck facettenreichen Bilder der Serie AudioVision stellen zugleich den Endpunkt einer mehrfachen medialen Verschiebung dar: Aus Ton wird elektromagnetisches Signal, aus elektromagnetischem Signal wird Fernsehbild, aus Fernsehbild wird Fotografie. Gobbesso führt dem Betrachter – wenn auch implizit – Verkettungen vor Augen, die normalerweise verborgen bleiben. Seine Kunst gibt dem Fernsehen und damit dem Wohlstandsmüll vergangener Jahrzehnte einen neuen, tieferen Sinn. Es bleibt dem Betrachter überlassen, diesen Sinn auf seine Bedeutung für den Umgang mit den Technologien von heute zu befragen.

 

Enno Schramm

ennoschramm.de

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Friedrich Gobbessos IRRLICHT

Ausstellung Oktober/November 2016
Im Rahmen des European Month of Photography Berlin.

Friedrich Gobbesso forscht seit 2010 in analogen Versuchsanordnungen an den Wurzeln der Fotografie. Den Kern seiner künstlerischen Arbeit bilden physikalische Experimente und deren unkalkulierbarer Ausgang für die Fotografie. Nach seinem Studium an der Kunsthochschule Berlin Weißensee hat der 1980 in Berlin geborene Bildhauer und Fotograf u.a. Belichtungen mit Sprengstoff entwickelt, Schallwellen via Wasserwellen zu Klang-Visualisierungen transformiert oder mit optischen Phänomenen wie dem Moiré-Effekt gearbeitet.

In seiner neuen Serie IRRLICHT dient Magnesium als einzige Lichtquelle. Finstere Nacht, Meer, vulkanische Formationen und brennendes Metall: Gobbesso betritt eine uralte Bühne an der sizilianischen Küste oder Felsformationen im Elb-Sandstein-Gebirge, um sich diese mit einer Mittelformatkamera für seine pyrotechnischen Auftritte und deren Dokumentation per Langzeitbelichtung zu eigen zu machen. Das grell strahlende Licht des Magnesiums ist im Alltag ohne Referenz. Es schafft Distanz und bisweilen Desorientierung. Im Spiel zwischen Sanftheit, Schärfe und Kontrast entstehen Verwunderung und ein unwirkliches Gefühl von Geborgenheit, hervorgerufen einerseits durch die höhlenartige Wirkung, in die die Fotografien den Außenraum versetzen und andererseits durch das in ihnen präsente Licht am Ende des Tunnels.

Friedrich Gobbessos FOTOGRAFIK
Einführung zur Ausstellungseröffnung | 2014
Von Ulrike Lauber

Ein Atelierbesuch bei Friedrich Gobbesso im tiefen Wedding, eine Fabriketage gegenüber vom alten Schwimmbad, 3. Hinterhof. Chaos und Gestaltung, Material und viele, viele Werkzeuge. Nur wenig Kunst an der Wand, viel mehr eine ganz eigene Präsenz vom Zupacken, von Materialhaftem, vom Gestalten. Die wunderschöne alte Stanzmaschine auf dem Werktisch – oder ist es der Esstisch? Eine riesige selbstgebaute Lampe steht irgendwie immer im Weg. Viele unterschiedliche Dinge und herrliche Werkzeuge, die teilweise gesammelt sind, teilweise vom Vater, dem Goldschmied Axel Gobbesso, geerbt. Nicht zu viel Platz, aber alles da: gemeinsam mit einem befreundeten Architekten hat Friedrich Gobbesso einen kleinen aber genialen Wohnkubus in das Loft einer alten Fabrik gestellt: ein freistehendes Volumen im Raum, das ein WC, die Dusche, Garderobe und Küche und obendrauf eine Schlafmöglichkeit enthält. Sehr schön detailliert, eine Freude für mich als Architektin. Ist es ein Atelier oder ein Wohnraum? Nicht so ganz auszumachen. Und dann im 2. Blick die Kunst. Ein zerklüftetes Wandrelief aus alten, industriell gefertigten Bauteilen wie Türblättern oder Resopalplatten, die zertrennt und neu zusammengesetzt wurden. Friedrich Gobbesso durchbricht gezielt die Oberfläche des Materials und stemmt neue, dreidimensionale Körper als erhabene Struktur in die flachen, eher zweidimensionalen Flächen hinein. Die verschiedenartigen Strukturen der Innereien der verwendeten Werkstoffe werden sichtbar, das Innere zeigt sich, und wird mit Neuem überlagert. Ist das konstruktivistisch oder dekonstruktiv? Ich weiß es nicht. Ach so: Fotografie ist das Thema. Man könnte abschweifen, denn Friedrich Gobbesso ist nicht nur Fotograf, er hat Bildhauerei studiert! So etwas wird heute tatsächlich mit einem Diplom wie bei ihm abgeschlossen. Er ist also ein dreidimensionaler Mensch, keine Flachware. Seine künstlerische Arbeit umfasst Skulpturen, Installationen, Drucke und Fotografie – die Unterschiedlichkeit dieser Gebiete spiegelt Gobbessos sehr eigenen schöpferischen Ansatz wider.

Sie sehen hier neue Arbeiten von Friedrich Gobbesso. Ja, es sind Fotografien, aber nicht im klassischen Sinn. Es ist eine Fotokunst ohne Kamera, reine Lichtbildnerei. Fotografie allein unter Bearbeitung des Fotomaterials, eigen und am ehesten noch zu vergleichen mit einem Fotogramm. Bei der Kunst der Fotogramme, einer recht beliebten Form der Fotografie ohne Kamera, entstehen die Fotos durch direktes Belichten von lichtempfindlichem Material wie Film oder Fotopapier. Fotogramme, die immer Originale sind, sind besonders in den frühen Jahren der Fotografie sehr beliebt gewesen. Viele Künstler am Bauhaus haben Fotogramme gemacht, wie Lászlo Moholy-Nagy oder Walter Peterhans. Kurt Schwitters, El Lissitzky oder Man Ray haben unterschiedliche Gegenstände auf Fotopapier gelegt und einige Zeit belichtet und dann entwickelt wie bei einem normalen Foto; das Ergebnis ist jedoch ein völlig anderes. Diese Fotogramme entwickelnden entfalten in Schwarz, Weiß und feinen Graustufen teilweise magische Kraft mit ganz eigenem Charme. Und sie entstehen ganz einfach nur mit Hilfe von Licht, Fotopapier, Entwickler und Fixierbad. Gerade jetzt lädt das C/O Berlin zu einem Workshop für Fotogramme!

Friedrich Gobbesso verwendet ebenfalls keine Kamera, aber er legt keine Gegenstände auf das lichtempfindliche Papier, bildet nichts Reales ab. Er hat bei den Arbeiten, die man hier in der Ausstellung sehen kann, Methoden der Lichtbildnerei entwickelt, die nur er verwendet. Die Fotografien basieren auf seiner Neugierde auf Details, auf Materialien und auf das Experimentieren. In der Ausstellung sehen Sie Fotografien aus Serien, die er ,Fantastic Plastik‘ oder ,Kaustik‘ nennt. Ich werde versuche, das zu erklären. Bei Fantastic Plastic traktiert er mit einer Feuerquelle, einem Bunsenbrenner oder so, transparentes Plastikmaterial wie Acrylglas. Durch die Hitze verformt sich das Plastik und durch diese Deformationen des Materials entstehen neue Strukturen. Transparentes Plastik wird also kontrolliert verbrannt, in seiner Oberflächenstruktur gestört, und dann anstelle eines Negativs in das Vergrößerungsgerät eingelegt; das durchleuchtete Plastikmaterial belichtet dann das großformatige Fotopapier. Es entstehen fremde und unerwartete, grazile, feine und fast unwirkliche Resultate. Ein experimentelles Spiel mit Plastik – einem alltäglichen und im Überfluss verfügbaren Material. Diese Fotos erinnern an ,echte‘ Fotografien, an Aufnahmen von eigenartigen Landschaften oder auch von Mikroorganismen. Ich denke, jeder sieht hier etwas anderes, etwas eigenes. Durch die Deformationen des Materials entstehen im Abbild sowohl sanfte Kontrastverläufe und zarte Risse als auch scharfe Linien, teilweise harmonisch wirkend, teilweise fast aggressiv. Die Arbeiten wirken erstaunlich dreidimensional, gehen in die Tiefe, sie werden räumlich. Eine räumliche Wirkung ganz ohne Perspektiven oder reale Bezüge, beiläufig und im Spiel mit dem Zufall entstanden. Fantastischer Kunststoff, Plastik eben.

Auch bei der Kaustik genannten Serie ist das Zulassen von Unkontrollierbarem (aber sehr wohl Gewünschten) Mittel von Friedrich Gobbesso. Wieder experimentiert er, diesmal mit Wasser, Ton, Licht und Fotopapier. Kaustik ist ein optisches Phänomen und bedeutet so viel wie das Bündeln und Streuen von Licht, das durch den Einfall in ein Medium, bei Gobbesso Wasser, gebrochen wird. In einer Schale wird Wasser über eine Tonquelle in Schwingung versetzt. Ein Lautsprecher unter dem Wasserbecken sendet einen Ton, z.B. 50 Hertz, dann fängt das Wasser an zu vibrieren und bildet regelmäßige Wellen und Interferenzen. Je höher der Ton, je kürzer die Frequenz, desto feiner die Strukturen im Wasser. Ein Fotopapier, auch hier wieder großformatiges Barytpapier, wird im Dunkeln auf den Grund der Schale gelegt, das sich wellenartig bewegende Wasser darüber wird zur Linse und das Papier wird über ein Blitzlicht ganz kurz belichtet. Schallwellen werden in Wasserwellen und dann in Lichtwellen verwandelt; so werden sie sichtbar: die Visualisierung eines Tones. Das Bild mit den durch die Lichtbrechung wellenartigen Lichtlinien ist – wie alle Fotogramme – ein Negativbild: alles, was auf dem Bild schwarz ist, zeigt das Licht, wo wenig Licht auftrifft, bleibt es weiß. Das Ergebnis sind diese Fotos hier mit ihren komplexen Formationen und eigenen grafischen Ordnungen und wieder mit der eigentümlichen Raumtiefe, die entsteht: Wellenräume. Fließende Formen und Übergänge. Sie rufen bildhafte Erinnerungsstücke herbei, die man in seinem Kopf hat. Jeder sieht hier etwas anderes: Zellstrukturen im Mikrobereich, Gesichter oder Weltraum- oder Himmelserscheinungen. Ich sehe immer wieder Räume, räumliche Tiefen und interessante und faszinierende Strukturen. Was ursprünglich eindeutig erschien, wird plötzlich rätselhaft und fremd, unerwartet. Bei Kaustik zeigt sich die Ästhetik von Wasser, besser: die von Friedrich Gobbesso gesehene und bestimmt Ästhetik. Die Ästhetik einer Ordnung und gleichzeitig von Unordnung. Wasser, Ton, Licht und Zeit. Abgebildet ist ein ganz kurzer Augenblick; das Bild, das entsteht, kann so nie wieder entstehen und es ist nur einmal vorhanden, nicht reproduzierbar. Bei dieser Serie gibt es immer nur ein Original. Das ist die experimentelle Technik von Friedrich Gobbesso in kurzen Worten. Diese technischen Aspekte seiner Fotografie sind eigen und ich denke auch für Nicht-Techniker spannend. Denn die Fotos sind ja eigentlich ganz einfache Vergrößerungen von Wellenblasen oder von durchleuchteten angebrannten Plastikplättchen, aber es sind Arbeiten mit enormer Ausdruckskraft der reinen Schwarz-Weiß-Abzügen.

Nicht ohne Grund nennt Friedrich Gobbesso seine Arbeit Fotografik. Wenn fotografisch erzeugte Bilder in Bildgestaltung und Bildwirkung vorwiegend auf grafischen Elementen beruhen, wir das als Fotografik bezeichnet. Also Fotografie im erweiterten Sinn | experimentelle Fotografie. So wie die Fotografie von Friedrich Gobbesso, denn in seinen Arbeiten ohne Kamera experimentiert er mit dem Licht. Dabei arbeitet und spielt er mit dem Zufall, mit dem Experiment. Alle seine Experimente haben einen unklaren Ausgang – manches funktioniert, vieles nicht. Das bedeutet auch einen gezielten Kontrollverlust. Wenn das Experiment erstmal in Gang gesetzt ist, ist der eigene Einfluss relativ gering. Der eigene Beitrag besteht wesentlich in der Anordnung, in der Auswahl und natürlich in der Idee. Das Ergebnis kann man nur in groben Grenzen bestimmen. Der Zufall gehört entscheidend mit dazu – das macht es so interessant. Aber es ist eben nicht nur Zufall und nicht beliebig. Es ist gesetzt, vorgeplant, vorgedacht. Aber dann muss man es sich selbst überlassen. Alles Zufall – aber kontrolliert und gewollt. Das ist auch bei anderen Arbeiten, bei denen Friedrich Gobbesso z.B. für seine Experimentalbelichtungen homöopathisch dosierte Sprengladungen nutzt, um das bei einer Explosion entstehende Licht auf Fotopapier einzufangen. Die Schwarzpulverladung wird direkt auf dem Fotopapier gezündet. In einem Moment entsteht die Abbildung. Sobald die Lunte läuft, also sobald der vorher wohl bedachte Prozess in Gang gesetzt ist, muss man es aus der Hand geben. Wonderful Desaster ist der Titel dieser Serie von herrlichen dramatischen Fotografien mit feinen Linien, die vom Zentrum der Sprengung wegstreben, explodierende Partikel – alles nur im Moment existent, nie wieder reproduzierbar und nur auf diesem einen Papier festgehalten. Der flüchtige Zustand der Zerstörung wird bewahrt.

Ich komme zu einem weiteren interessanten Aspekt: die Fotografien von Friedrich Gobbesso sind nicht digital, sondern sehr analog: Friedrich Gobbesso ist kein Photoshopper! In der Welt der Fotografie ist heute doch sonst nur eine Richtung zu erkennen: ins Digitale. Aber gleichzeitig gibt es eine große Sehnsucht nach der Echtheit in der Fotografie. Man kann es vielleicht ein wenig vergleichen mit der Tontechnik, mit der analogen Schallplatte oder der digitalen CD. Diese Fotografien sind nicht mit einer Digitalkamera fotografiert, oder im Computer über Bildbearbeitungsprogramme gemacht, verändert oder verfeinert und als Ergebnis als Ausdruck geliefert – immer basierend auf dem digitalen Code von Aus oder Ein, von Null oder Eins. Die Arbeiten von Friedrich Gobbesso haben keinen Computer gesehen, sind nie in Pixel umgerechnet worden oder als Datei gespeichert. Bei der digitalen Fotografie hat die präzise Aussage von exakten Bildpunkten, den Pixeln, keinerlei Zufälligkeit. Hier ist alles berechnet oder zumindest berechenbar. (Und doch wirkt so unendlich vieles völlig beliebig, oder nicht?). Alles kann verändert werden, nachträglich, auch willkürlich manipuliert. Wenn wir die Fotografien von Friedrich Gobbesso ansehen, die nicht berechnet und auch nicht berechenbar sind, aber sehr wohl bedacht, scheint bei ihm der Zufall ein kollegialer Mitspieler zu sein, nicht ein ungeliebter Quälgeist. Die Arbeiten haben keine Beliebigkeit, zeigen sehr wohl aber ein kunstvolles Fügen und Auswählen. Sie sind ohne Gegenständlichkeit, ohne erkennbare Aussage, aber sie sind nicht bedeutungslos. Vieles aus der bunten Bilderwelt, mit dem wir jeden Tag reichlich eingedeckt werden, hat doch scheinbar ganz viel Aussage, ist aber ohne jede Bedeutung. Die Vorbereitung der fotografischen Experimente von Friedrich Gobbesso hat einen stark handwerklich geprägten Aspekt, fast schon einen ,bildhauerischen‘. Er gibt nicht viel aus der Hand: er hat nicht nur sein gesamtes Equipment selbst gebaut, nicht nur sein Loft, auch die Dunkelkammer, die Entwickler- und Fixierbecken in enormer Größe, die Schalen für die Erzeugung der Wellenbewegungen im Wasser; Friedrich Gobbesso hat auch einen ganz eigenen Umgang mit Materialien. Er weiß auch um die optischen, die physikalischen und chemischen Reaktionen. Wie kommt man sonst auf die Idee, Kunststofffolien anzukokeln und abzufackeln und das dann als eine Art ,Negativ‘ zu benutzen, wenn man nicht weiß, wie sich ein solches Material verhält, was beim Vergrößern passiert. Auch wenn seine Arbeiten viel Zufall in sich tragen, Friedrich Gobbesso hat eine solide Ausbildung, ohne die er nicht auf diese Reduktion im Ausdruck kommen könnte. Seine bildhauerischen Erfahrungen ermöglichen ihm, mit dem kalkulierten Zufall zu spielen und ihn in seiner Arbeit konkret einzusetzen. Er bleibt auch durch das beherrschte Handwerk in seiner künstlerischen Arbeit nicht an der strukturellen Oberfläche. Friedrich Gobbesso hat das Studium der Bildhauerei an der Kunsthochschule Weißensee begonnen und dort auch, nach einem Gaststudium am Chelsea College of Arts in London, mit dem Diplom als Bildhauer im Studiengang Experimentelles Design abgeschlossen. Er war in Weißensee Meisterschüler bei Prof. Tristan Pranyko, der dieses experimentelle Design lehrt. Schon im Spiegel konnte man vor einiger Zeit über diesen mehr als kritischen Professor lesen, dass die Bewerber um einen Platz als Meisterschüler vor seinem Urteil zittern. Sie nennen ihn im Spiegel den ,Dieter Bohlen der Kunsthochschule‘ und er kann wohl ziemlich ätzend sein. Schon die Künstler Georg Baselitz und Günther Uecker mussten durch die Eignungstests der 1946 in der Bauhaustradition gegründeten Schule – wenn auch natürlich nicht durch die KO-Runde bei Tristan Pranyko. Friedrich Gobbesso jedenfalls wurde angenommen und das Arbeiten mit diesem unorthodoxen Lehrer in unterschiedlichen oft grenzüberschreitenden Bereichen war für ihn und seine Arbeiten prägend. Die Einleitung seiner theoretischen Abschlussarbeit als Bildhauer im Jahr 2008 mit dem Thema , Falsche Originalität / Falschheit als Originalität ‚ beginnt mit dem Satz: ,Jedes Original ist potentiell eine noch zu entlarvende Fälschung‘ – Bildhauerei ist auch nicht mehr das, was sie mal war: heute werden alle Medien genutzt, nicht mehr nur Hammer und Meisel. Aber er war mit dem Thema seiner Zeit voraus, denn gerade jetzt hat die Akademie der Künste den Akademie-Schwerpunkt „Schwindel der Wirklichkeit“. Neugier für das Detail, Wissbegierde und Interesse gegenüber der Welt und das Sichtbarmachen verborgener Ästhetik werden sicherlich auch seine weitere künstlerische Arbeit bestimmen – heute lebt und arbeitet Friedrich Gobbesso in der Fabriketage in der Gerichtsstraße im Wedding.

Biographie:

1980 Geboren in Berlin
2001 Fotoassistenz, Studio Rudolf Schmutz, Hamburg
2002 Beginn des Diplomstudiums Bildhauerei an der Kunsthochschule Berlin Weißensee
2006 Gaststudium am Chelsea College of Arts, London
2007 Diplomausstellung mit Wohnraummaterial in Berlin
2008 Meisterstudium bei Professor Tristan Pranyko (Experimentelles Design)
Theoretische Diplomarbeit „Falsche Originalität und Falschheit als Originalität“
2010 Veröffentlichung der Diplomarbeit unter dem Titel „Kritische Masse“,
Verlag Form und Zweck, Berlin

Ausstellungen

2016 „Irrlicht“, Galerie Mönch Berlin (EA). Im Rahmen des European Month of Photography Berlin EMOP
LABORBERLIN im Silent Green Kulturquartier
Galerie Mönch auf der POSITIONS BERLIN Art Fair
2015 „Mourir par Moiré“ Neue Künstlichkeit, Berlin
2014 „Fotografik“ Galerie Mönch Berlin (EA / K)
2012 „Wonderful Disastars“ Galerie Raumsechs, Berlin
Portrait auf freundevonfreunden.com und articurate.net
2011 „Possible Arts“ Kunstverein Viernheim
2010 Veröffentlichung der theoretischen Diplomarbeit unter dem Titel
„Kritische Masse“ im Verlag „Form und Zweck“ – Berlin
„Kaustik“ Raumfuenf, Düsseldorf
„Stampede“ Galerie im Regierungsviertel
2008 „Die Form des Wassers“, 5. Berliner Kunstsalon
2009 „13,75 – 110 Hz“ Galerie Raum Weiss, Berlin
„Hidden Structures revealed“ K 22 – Köln
Tease – Artfair Köln (zusammen mit Raul Walch)
2007 Gruppenprojekt auf dem 4. Berliner Kunstsalon
„Wohnraummaterial“ Tease – Artfair Köln
Diplomausstellung mit „Wohnraummaterial“ in Berlin