Der Maler Reinhard Dickel
Von Michaela Nolte
Bei Reinhard Dickel steht die Farbe im Zentrum des Schaffens. Der expressive Gestus spielt mit dynamischen und abstrakten Klängen und führt in Welten jenseits des konkreten Raumes. Leicht getupfte oder gespachtelte Farbflecke schweben vor einem dunklen Grund. Sie kontrastieren zarte Töne und leidenschaftlich schwarze und graue Valeurs.
Ölfarbe pur
Die Ölfarbe als bevorzugtes Medium variiert der 1951 geborene Künstler von dichter und fein organisierter Flächigkeit bis zu lasierter Fragilität. Reinhard Dickel hinterfragt in seinen Bildern das Spiel von Werden und Vergehen, ohne uns dabei Antworten vorzugaukeln.
Heftig gesetzte Pinselhiebe loten den imaginären Raum als Farbgewitter aus und legen Fährten purer Phantasie. Ihr Rhythmus vereint das Innen und Außen zu widerstreitenden Polaritäten. Reinhard Dickel erinnert an die Gesetze der Perspektive, gerade in dem er sie auflöst und überwindet, und so zu einem lodernden Spiel der Gedanken und Sinne verbindet.
Grüne Flammen drängen sich vor leuchtendes Gelb oder schlagen gerade eine Schneise zum reinen Licht der Sonne. Sie klären die giftigen Nebelschwaden oder legen einen schützenden Schleier vor die Morgenstimmung.
„Farbe – heftig gebraucht!“
ist ein Text zu Bildern von Reinhard Dickel betitelt, den der Kunstsoziologe und Ästhetik-Professor Hermann Wiesler 1991 verfasst hat. Bis heute zieht sich dieser impulsive ‘Gebrauch’ als Konstante durch alle Phasen im Oeuvre Reinhard Dickels hindurch, scheint das leidenschaftliche Staccato seine ureigene Ausdrucksart mehr zu sein als der bedächtig kontrollierte Farbauftrag.
Das betont Gestische seiner Malerei zeigt sich bereits in den frühen Arbeiten. Doch bei aller Abstraktion lassen sie eine realistische Auffassung und entfernte Landschaften noch erkennen. Erst Ende der 1980er-Jahre erfährt der Gestus Reinhard Dickels eine expressive Steigerung. Mit ihr gibt er dem lustvollen Ausloten von Farbstimmungen den absoluten Vorrang.
Der Bildraum wird eindeutig zweidimensional und wird allein von der Farbe und vom eruptiven Duktus des Malers bestimmt.
Große Farbschlachten
Nicht zuletzt die großformatigen Bilder lassen bisweilen an wahre Farbschlachten denken. Ihre intensive Spannung erzeugt Dickel, in dem er den ungestümen Pinselhieben meist ruhige, gedämpfte Farbtöne entgegensetzt. Seine eigenwilligen und harmonischen Kontrast.
In dem 1999 entstandenen „Ohne Titel (Kantstraße)“ wird die heitere und zart gestimmte Palette von Pink bis zu tiefem Violett von einer geradezu stürmischen Malweise bestimmt. Reinhard Dickel verlässt jegliche illusionistische Perspektive und aus der Tiefe des Bildraums scheinen die Farben und Formen geradezu auf die Fläche der Leinwand zu drängen.
„Das Bewusstsein, eine Bildebene vor sich zu haben, bleibt unangetastet“, wie Hermann Wiesler es in dem eingangs erwähnten Essay auf den Punkt gebracht hat.
Der Rest ist Farbe
Obwohl Dickels Farbpalette mittlerweile heller und leuchtender geworden ist, kreisen auch seine neueren Bilder weiterhin um die Befragung traditioneller Bildordnungen und Hierarchien. Wenn wir bisweilen das „Fenster zur Welt“ oder den landschaftlichen Horizont zitiert sehen, so verrückt Reinhard Dickel die bildnerischen Elemente stets gerade so, dass ein Augenzwinkern bleibt. Der Rest ist Farbe.
Biographie
1951 | geboren in Berlin |
1973-79 | Studium der Malerei an der Hochschule der Künste Berlin
Meisterschüler von Klaus Fußmann |
2018 | verstorben in Berlin |
Einzelausstellungen (Auswahl):
1979 | Galerie Mönch Berlin |
1980 | Galerie Raab, Berlin |
1982 | Galerie Schüler, Berlin |
1984 | Kutscherhaus Dr. Stober, Berlin |
1985 | XPO Galerie, Hamburg |
1987 | Galerie GOLART, München Galerie Mönch Berlin |
1989 | Galerie Pommersfelde, Berlin |
1990 | Galerie Mönch Berlin |
1991 | Kleine Orangerie, Schloß Charlottenburg, Berlin DAS KLEINE FORMAT, Galerie Mönch Berlin |
1995 | Bildhauergalerie Messer-Ladwig, Berlin |
1996 | Scheunenviertel Kremmen |
1998 | Bildhauergalerie Messer-Ladwig, Berlin Bunte Stube, Ahrenshoop |
1999 | Gesellschaft zur Förderung des Deutschen Bauwesens |
2001 | Art & Management, Jeannette Drews, Berlin |
2002 | Reinhard Dickel (mit Klaus Fußmann), Galerie Mönch Berlin |
2008 | MALEREI, Galerie Carmen Ziegler, Hamburg WERKE VON 1978 BIS 2008, Galerie Mönch Berlin |
2009 | NEUE BILDER, Galerie Carmen Ziegler, Hamburg |
2012 | Reinhard Dickel, Skulpturenpark Katzow |
2016 | Das kleine Format, Kabinettausstellung Galerie Mönch Berlin |
Ausstellungsbeteiligung (Auswahl):
1977 | Haus am Kleistpark, Berlin |
1979 | VIER MALER, EIN GRAFIKER, Hochschule der Künste, Berlin (heutige UdK) |
1981 | NEUE TENDENZEN AUS BERLIN, Baukunst-Galerie, Köln
JUNGE KUNST, Galerie Hartwig, Berlin |
1982 | LANDSCHAFTEN, Galerie Hartwig, Berlin |
1983 | VIER BERLINER MALER, Baukunst-Galerie, Köln |
1984 | KÖPFE, Galerie Silvia Menzel, Berlin 20 JAHRE BAUKUNST, Baukunst-Galerie, Köln |
1986 | IMAGES OF SHAKESPEARE, Grundkreditbank, Berlin |
1988 | NEUE LANDSCHAFTEN AUS BERLIN, Galerie Pels-Leusden, Berlin |
1996 | Galerie Mönch Berlin (mit Richart Burkart) |
1997 | 20 JAHRE GALERIE MÖNCH BERLIN (mit V. Zabel und H. Sprenger) |
2000 | Galerie Pfund, Berlin |
2003 | LANDSCHAFTEN, Galerie Mönch Berlin |
2004 | „Herbstblätter“, Galerie Mönch Berlin |
2006 | „Das kleine Format“, Galerie Mönch Berlin |
2007 | „30 Jahre Galerie Mönch – Teil 1“, Galerie Mönch Berlin |
2008 | Accrochage, Galerie Carmen Ziegler, Hamburg |
2009 | Accrochage, Galerie Mönch Berlin |
2011 | „33 Jahre – 33 Werke“, Galerie Mönch Berlin |
2015 | Accrochage, Galerie Mönch Berlin |
2017 | IM BILD BLEIBT DIE ZEIT STEHEN | Klaus Fußmann und ehemalige Meisterschüler | 40 Jahre Galerie Mönch Berlin | Part I |